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Durch Kunst die Vielfältigkeit der Welt begreifen

Bildende Kunst im doppelten Sinne: Die Hamburger Künstlerin Iris Albrecht ermöglicht Kindern, sich in Ferienprojekten kreativ auszuprobieren. Im Interview erklärt sie, wie die Teilnehmenden dabei die Mehrdimensionalität der Welt entdecken können.

Frau Albrecht, wie sind Sie zu „Kultur macht stark“ gekommen?

Ich gebe unter anderem Kunstkurse an der Volkshochschule Hamburg. Über die Junge Volkshochschule bin ich 2013 zum „talentCAMPus“ gekommen, einem niedrigschwelligen Ferienbildungsprogramm des Deutschen Volkshochschul-Verbands im Rahmen von „Kultur macht stark“, und habe dort mehrfach in Projekten mitgewirkt. Seit dem vergangenen Jahr führe ich für das bundesweite Projekt „Wir können Kunst“ Ferienmaßnahmen für Zehn- bis Zwölfjährige durch, die der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler auch in Hamburg fördert.

Wie fließt Ihr Schaffen als Künstlerin in die Projekte ein?

Mich beschäftigt die Frage: Was ist eigentlich ein Bild? Ich habe Malerei und Architektur studiert und arbeite sowohl zwei- als auch mehrdimensional. Ich nutze klassische Medien wie Papier, Farbe und Kohle, aber auch Bauwerkstoffe. Im Prinzip baue ich Bilder. Diese Idee der Mehrdimensionalität, also der Möglichkeit, verschiedene Welten zu verknüpfen, möchte ich auch an die Kinder weitergeben: Ich gebe ihnen einen Raum, in dem sie vielfältige sinnliche wie ästhetische Erfahrungen machen können.

Möchten Sie auch Kunstverständnis oder künstlerische Fertigkeiten vermitteln?

Es geht mir nicht darum, den Kindern beizubringen, wie man Tiere oder Menschen zeichnet. Das passiert eher nebenbei. Ich halte auch keine Vorträge über Kunst. Aber ich stelle verschiedene künstlerische Arbeiten vor, die den Kindern als Anregung dienen. Sie können sich auch Kunst- und Zeichenbücher nehmen und damit arbeiten. Mir ist wichtig, dass die Kinder selbst aktiv werden. Das künstlerische Arbeiten ermöglicht besondere Lernerfahrungen, denn wir lernen nicht nur mit dem Kopf, auch die Atmosphäre und die Umgebung müssen passen.

Wie läuft so ein kreativ-künstlerischer Prozess ab?

Zu Beginn kommt jedes Kind erst einmal für sich ins Fantasieren und zeichnet, was sie oder ihn beschäftigt. Im Laufe der Zeit versuche ich die Einzelgeschichten zu einer Gemeinschaftsarbeit zu verweben. Dieses Jahr haben wir unter dem Titel „Ungeheuerliches und Unerhörtes“ zum Beispiel die Geschichte einer Spinne auf ein großes Rollbild gemalt. In einem Musikatelier konnten die Kinder außerdem Töne zur Geschichte herstellen. Die Kinder bringen sozusagen sich selbst mit und füllen den Raum, den ich vorgebe. Sie sind noch sehr begeisterungsfähig und wissbegierig, das ist ein toller Motor.

Warum ist das gestaltende Arbeiten so wichtig für junge Menschen?

Durch die Arbeit mit künstlerischen Mitteln wie Kohle oder Farben erfahren sie Wertschätzung. Auch das sinnliche Erlebnis des Malens und Zeichnens ist wichtig. Im Smartphone-Zeitalter kommen Handwerk und Fingerfertigkeit oft zu kurz. Doch die Faszination für traditionelle Materialien und Techniken ist definitiv da: Die Kinder machen mit, kommen wieder und legen freiwillig das Handy weg. Im Projekt schnuppern sie in eine ganz neue Welt hinein. Dabei hilft natürlich, dass sie mehrere Tage komplett in diesen Kosmos eintauchen können, ohne die gewohnten Autoritäten an ihrer Seite.

Können diese Erfahrungen auch über das Projekt hinaus wirken?

Wenn die Kinder beim spielerischen Ausprobieren gute Erfahrungen machen, können sie langfristig ein positives Verhältnis zur Kunst entwickeln. Von Eltern habe ich die Rückmeldung bekommen, dass ihre Kinder nach der Woche „strahlten“ oder „glänzten“. Es ist ein bisschen, als wären sie auf eine Reise gegangen. Das ist wunderbar, wenn das gelingt. Nur wenn Kinder Zugang zu verschiedenen Welten erhalten, können sie wählen und sich bewusst für oder gegen etwas entscheiden. Die Eindimensionalität in der Welt aufzubrechen und den Kindern an die Hand zu geben, dass sie sich beteiligen und mitgestalten können –  diese Erfahrung ist eine wichtige Chance künstlerischer Arbeit.

Infos

Unter dem Titel „Wir können Kunst“ fördert der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler als Programmpartner bundesweit außerschulische Angebote, die Kindern und Jugendlichen einen Zugang zu Kunst und kreativem Gestalten vermitteln. Die Projekte werden in Bündnissen umgesetzt und von professionellen Künstlerinnen und Künstlern durchgeführt.
Mehr Informationen zum Programmpartner finden Sie hier